Regine Weiß (Jg. 1951) ist bereits vor über 40 Jahren, als junge Frau also, intensiv mit dem Thema Meditation in Berührung gekommen. Seither praktiziert sie Zazen.
Sie war Schülerin des Benediktinerpaters und Zenmeisters Willigis Jäger und hat weitere Lehrberechtigungen, so z.B. auch in der Initiatischen Therapie nach Karlfried Graf Dürckheim, in dessen Zentrum in Todtmoos-Rütte sie einige Jahre mitgearbeitet hat.
Auch hat sie danach über 6 Jahre aktiv in Neuenzell ihre Arbeit eingebracht.
Lisa (für Neuenzell):
Liebe Regine, wir sind uns nun ja schon zweimal begegnet bei Deinem wöchentlichen Angebot am Mittwochabend hier in unserem Meditationsraum.
Zunächst einmal dazu meine erste Frage: Du schließt deine Augen während der Sitz-Meditation nicht ganz. Wie genau ist dabei Dein Gewahrsein beschaffen?
Regine:
Mein Blick ist auf den Boden vor mir gerichtet, aber nicht fest fixiert.
Die Haltung der Präsenz bei der Meditation ist nicht intellektuell oder Ich-bezogen im Sinne von: „Ich muss dies und das tun“, oder „dies oder das darf nicht sein“. Sie ist offene Achtsamkeit für alles, was auftaucht während des stillen Sitzens im Sinne von: „Da ist…“. Diese Haltung kann man als überpersönlich bezeichnen.
Lisa:
Dennoch, liebe Regine, darf ich Dich fragen, ob Du die TeilnehmerInnen auch in der Meditationsphase wahrnimmst?
Regine:
In gewisser Weise ja. Ich erlebe so etwas wie Empfindungen. Dabei spüre ich bei den Teilnehmenden Dinge wie z.B. Feinheit, starke Präsenz, tiefe Ruhe, manchmal auch Unsicherheit und anderes mehr.
Lisa:
Du bist in Deinem Leben recht früh intensiv „eingestiegen“ in den Bereich der Meditation. Magst Du darüber ein wenig berichten?
Regine:
Gerne. Ja, das war vor ca. 40 Jahren. Ich hatte Chemie und Biologie für das Lehramt studiert, weil ich die Geheimnisse der Natur, auch unserer menschlichen Natur erkennen und verstehen wollte.
Schließlich hatte ich aber mehr Fragen als Antworten, und so ging meine Suche weiter…
Auf der Suche nach spirituell orientierten Kursen habe ich das Haus St. Benedikt in Würzburg gefunden, das von Zen-Meister und Pater Willigis Jäger geleitet wurde. Alle Kurse bei ihm waren ausgebucht, aber ich konnte einen Einführungskurs in Zen bei seiner Kollegin und ebenfalls Zen-Meisterin Joan Rieck besuchen. Nach weiteren Meditationstagen bei ihr entschloss ich mich zu meinem ersten Sesshin. Was ich in meiner damaligen Unerfahrenheit aber gar nicht richtig mitbekam: Es dauerte volle acht Tage mit 9 ½ Stunden Sitzzeit täglich. Das war wirklich sehr herausfordernd! Aber: Dieses Sesshin war für mich der erste tiefe Einstieg in die Zen-Praxis, der ich seitdem treu geblieben bin.
Danach habe ich viele Kurse und Einzelstunden im Zentrum von Karlfried Graf Dürckheim und seiner Frau Maria Hippius, der Existential-psychologischen Bildungs- und Begegnungsstätte Todtmoos-Rütte, besucht. Das Angebot dort kam mir sehr entgegen, da es außer Zen-Meditation die Leibarbeit, das Geführte Zeichnen, die Tiefenpsychologie nach C.G. Jung und Erich Neumann, die Arbeit am Tonfeld und vieles mehr wie z.B. freien Tanz und Tai Chi umfasste.
Mehrer Jahre habe ich große Teile meiner Freizeit in Rütte verbracht. Schließlich bin ich von meinem Ausbildungstherapeuten aufgefordert worden, eine schriftliche Arbeit über Leibarbeit, Geführtes Zeichnen und Tonfeld zu verfassen.
Das habe ich getan und bin anschließend, für mich völlig überraschend, von Maria Hippius zur aktiven Mitarbeiterin ernannt worden.
Lisa:
Du bist dann einige Jahre in Rütte tätig gewesen?
Regine:
Ja, das waren insgesamt 11 Jahre. Ich bin damals von meinem bisherigen Wohnort nahe Heidelberg nach Todtmoos gezogen. Für meine finanzielle Absicherung habe ich in dieser Zeit auch in meinem Beruf als Lehrerin in St. Blasien gearbeitet.
Lisa:
Es folgten dann im Anschluss einige Jahre in Neuenzell…
Regine:
Ja, es war etwas sehr Positives, was hier in Neuenzell für mich entstanden ist, nachdem sich in Rütte nach dem Tod der beiden Gründerpersönlichkeiten viele Veränderungen ergeben hatten.
In Neuenzell konnte ich meine Arbeit mit Herzblut für einige Jahre einbringen. Das war wunderbar.
Lisa:
Dann gab es für Dich nochmals eine intensive Lehrzeit bei Willigis Jäger, nicht wahr?
Regine:
So war es. Als ich das erste Mal zum Benediktushof nach Holzkirchen gekommen war, wusste ich beim Aussteigen aus dem Auto sofort: Das ist mein Ort.
Willigis Jäger hatte damals aufgrund seines Alters eigentlich keine SchülerInnen mehr angenommen. Ich fragte trotzdem, ob ich seine Schülerin werden dürfe. Und er sagte ja.
Es folgten viele Kontemplationskurse und Zen-Sesshins im Benediktushof und auch im Sonnenhof am Belchen, mehrere Langzeitaufenthalte, viele Schulungen.
Irgendwann sagte Willigis zu mir: „Jetzt bist du soweit! Geh raus in die Welt, nimm die Menschen mit!“
Er hat mich gesegnet und, ja, „rausgeschickt“ als Lehrerin für Kontemplation…
So war das…
Lisa:
Herzlichen Dank, liebe Regine, für diese Gespräch.
Regine:
Sehr gerne!
Regine Weiß bietet nun hier in Neuenzell jeden Mittwochabend von 18.15 – 19.00 Uhr eine Meditationszeit mit Impulsen aus Kontemplation und Zen an.
Zweimal im Jahr leitet sie einen Stillen Sonntag.
Auf Wunsch begleitet sie Gäste mit Leibarbeit-Stunden und Geführtem Zeichnen.
Benediktinerpater Willigis Jäger (1925 – 2020) war Zenmeister und Kontemplationslehrer. Geformt von der christlich-abendländischen Mystik und dem östlichen Weg des Zen, ging er aber gleichzeitig über beide Konfessionen hinaus zu dem, was allen spirituellen Wegen zugrunde liegt.
Für seine Vision einer globalen und konfessionsübergreifenden Spiritualität hat er die Gedanken der Philosophie, die Entdeckungen der modernen Naturwissenschaften sowie wirtschaftlich-politisch-soziale Erkenntnisse mit einbezogen.
Er war Begründer des Benediktushofes in Holzkirchen bei Würzburg. 2009 gründete er seine eigene Zen-Linie „Leere Wolke“, 2010 die Kontemplationslinie „Wolke des Nichtwissens“.
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