Sein oder Tun? Das ist die Frage.

Wie geschieht Veränderung? Wie kann ich mich verändern? Wie kann ich mein Leben verändern? Kann ich mein Leben überhaupt verändern?

Kann ich Veränderung und Wandel aufhalten?

Aus der Sicht einer Studierenden des Diamond Approach ist die Veränderung, der Wandel nichts anderes, als das Leben selbst, stetig in Entfaltung begriffen. Jede Form, jedes Ding, jede Pflanze, jeder Kristall, jeder Mensch entsteht, wächst und wandelt sich ohne Unterlass. Das, was wir als „Veränderung“ bezeichnen ist eigentlich nur eine Vorstellung, eine Art von Vergleich: Wir vergleichen das, was wir jetzt wahrnehmen mit dem, was wir als „vorher“ in Erinnerung haben und stellen fest: Es ist nicht geblieben, wie es war. Selbst Felsen und Kontinentalplatten verändern sich. Wir denken, sie verändern sich langsam, weil wir heute keinen Unterschied zu gestern sehen können. Im Himalaya schieben sich die eurasische und die indische Kontinentalplatte 5 cm pro Jahr weiter ineinander. Wenig Veränderung? Sanfter Wandel?

Veränderung – eine fixe Idee

Wenn wir also die Formen betrachten, die organischen und anorganischen, die Gesteins-, Lebens- und sonstigen Formen, so nehmen wir stetige Veränderung wahr, anders geht es gar nicht. Die Annahme, dass Vieles irgendwie im Großen und Ganzen gleich bleibt, basiert auf einer verallgemeinernden Sichtweise. Die Veränderungen, der stetige Wandel, geschehen nach Gesetzmäßigkeiten, eine Art universelles Gesetz, dass gleichzeitig der Anlass, die Basis und die Richtung aller Veränderung ist. Wir bezeichnen diese Gesetzmäßigkeit als Naturgesetz. Und das Naturgesetz wirkt sich bis ins Allerkleinste aus. Wenn wir die Fließrichtung der Veränderung kennen, wenn wir „mit dem Fluss“ leben können, fühlt es sich leicht und unbeschwert an. Gerade so, als würde sich unser Leben mit jedem neuen Tag selbst vervollkommnen, bis sich die Strömung ändert. Können wir es annehmen, akzeptieren, dass eine Strömung sich ändert? Oder wollen wir unsere Ziele „im alten Fahrwasser“ erreichen?

Leben ist Wandel

Im natürlichen Lebenszyklus entzieht die Erde im Herbst dem Laub den Saft und der Lebensherbst des Menschen entzieht dem Körper die Kräfte, bis mit dem Tod die Seele den Lebensort verlässt. Vielleicht wird auch nichts entzogen. Vielleicht kehrt sich die Strömungsrichtung um. Wie ein Einatmen (Frühling, Sommer) und ein Ausatmen (Herbst, Winter). Und die Seele wächst und lernt in unserem Körper. Der jugendlich Schwungvolle Einatem wird ruhiger, flacht sich ab, scheint einen Moment zu stehen und setzt der langsame Ausatmen ein. Ein Lebensrhythmus der von Anfang bis Ende seine ganz eigenen Herausforderungen mit sich bringt und der die Seele von leben zu Leben reifen lässt.

Gegen den Strom

Das Naturgesetz führt auch zur Entstehung des Ego, das Ego führt auf der Basis von vielen Missverständnissen und allgemeiner Ignoranz der Wahren Natur zu allerhand Ungleichgewichten, die alle möglichen Schwierigkeiten zur Folge haben. Die meisten von uns sind sich nicht darüber im Klaren, dass wir alle die Präsenz sind, die alle Formen ist, die wir wahrnehmen können. Wir haben keine Verbindung mehr zu den wahren Wirkkräften unserer Seelen und verirren uns stattdessen in Zielen, Wünsche, Vorstellungen, die wir dann zu verwirklichen oder zu vermeiden trachten. So schwimmen wir die meiste Zeit unter großer Anstrengung gegen den Strom und halten das für das Leben. Wir wollen uns „durchboxen“, „kämpfen“, uns „zusammenreißen“, hart arbeiten und so weiter. Und denken, das ist normal.

Ein neuer Zugang

Wie kann es uns also nun gelingen, wieder die „Fließrichtung“ unseres Lebens, unserer eigenen seelischen Entfaltung zu erspüren? Wie können wir zurückfinden in „den Fluss“ uns den Rückenwind holen, der eigentlich da ist, wenn wir ihn zulassen?

Ist es möglich, den Einatem wie auch den Ausatem zuzulassen?

Die Form von Wandel, die wir in Neuenzell praktizieren und selbst immer wieder üben, beruht auf dem Prozess von Verstehen, Objektivität, Achtsamkeit und Hingabe.

Verstehen

Wir trachten danach unsere eigenen Prägungen, unsere Wünsche und unsere persönliche Entwicklung zu verstehen. Das machen wir in Gesprächen, mit Selbsterforschung, durch innere Einkehr und Meditation. Es geht darum, zu erfahren, was die eigene Seele will. Was ist meine Lebensaufgabe? Welche Entwicklungen sind in mir zu kurz gekommen, wo und wie will ich wachsen und lernen? Wer will ich im innersten sein und was ist meine eigene, ehrliche und tiefste Welterfahrung?

Um das Verstehen zu fördern, lohnt es sich, mit anderen gemeinsam zu gehen und in Seminaren und Workshops gezielt Wissen zu erwerben, das den Prozess von Verstehen, Annehmen, Loslassen und Neugestalten in Gang setzt.

Objektivität

Mit Objektivität meine ich hier eine möglichst unverstellte Wahrnehmung, dessen was ist. Das heißt, ich sehe mich selbst und meine Situation nicht durch die Verzerrungen meiner Glaubenssätze, Identitäten, nicht durch die Augen meiner Eltern, Lehrer und Vorgesetzten. Objektivität ist in der Tat eine Sache des Herzens. Je mehr Herzensreife ein Mensch erlangt, desto objektiver, ausgewogener und freundlicher wird er. Und Herzensreife ist das Ergebnis von tiefem Verstehen. „True love is born from understanding. / Wahre Liebe wird aus Verstehen geboren.“ ist ein Satz, der dem Buddha Gautama nachgesagt wird.

Dabei geht es nicht zwingend um mentales Verstehen. Manche Menschen habe intuitiven Zugang zur Wahren Natur und zum wahren Wesen des Menschen. Sie sind voller Liebe und geborene Menschenfreunde. Allerdings ist es auch sehr häufiges Muster „lieb“ zu sein, „selbstlos“ und „aufopfernd“, das eine Ego-Struktur ist, wie jede andere und vor allem uns selbst Liebe, Aufmerksamkeit und Anerkennung erwirken soll. Hinter einer derartigen „Menschenliebe“ verbirgt sich ggfs. jede Menge unterdrückter Hass. Also: sei wachsam. Dir selbst und anderen gegenüber.

Achtsamkeit

Achtsamkeit ist der Anfang von allem. Sie bedeutet: hinhören, hinschauen, überprüfen, begreifen, befühlen, mit Herz und Verstand und aller verfügbaren Intensität: Sein mit. Mit Dir selbst sein. Mit Deinem Gefühl sein. Mit Deinem Essen sein. Mit Deinem Schmerz sein.

Das Konzept der Achtsamkeit bedeutet eine minutiöse Hingabe, an das, was gerade ist, was sich gerade entfaltet. Was will werden, wenn ich meine Ideen, Ziele und Wünsche fallen lasse? Wie ist die Fließrichtung, wohin treibt es mich?

Hingabe

Hingabe in unserem Sinne ist NICHT ein zielloses „Sich-treiben-lassen“. Es ist NICHT ein inneres Kollabieren, ein Rückzug, Abschalten, Weggehen, Wegträumen. Bei wahrer Hingabe geben wir nicht unseren Willen auf: Wir finden ihn. Neu. Echte Hingabe ist eine energiegeladene Sache. Das kann ganz entspannt sein. So, wie man sich im Meer schwimmend den Wellen hingeben kann. Hingabe auf der Basis von Verstehen, Objektivität und Achtsamkeit ist das Wiederfinden der Fließrichtung unseres Lebens. Wir finden die Hauptströmung wieder, das Herz jubelt, Psyche und Körper gesunden.

Wahre Hingabe ist eine Hingabe an das Leben. An die universellen Strömungsrichtungen die das gesamte Universum, alles, was ist komponieren. Hingabe kann nur geschehen, wenn wir wissen, dass wir selbst die Liebe sind, die das Universum ist. Dass die Bewegung des Lebens, die wir als Veränderung und Wandel bezeichnen, auch die Bewegung unserer eigenen Seele ist.

Die Aufhebung der Dualität

Wenn die Seele ein gewisses Maß der spirituellen Reife erlangt hat, kann sie die duale Sichtweise einer Welt aus Einzeldingen und des vereinzelten Selbst verlassen und spürt, dass eine jede Regung, jeder Tastenanschlag (beim Tippen dieses Artikels), jeder Atemzug, jedes Bauchgrimmen Teil einer universellen Bewegung ist. Der Sonnenauf- und -untergang ist genauso Teil dieser Bewegung, wie jeder Mord, jede Vergewaltigung, jedes Erblühen einer Rose, jedes Erwachen eines Herzens. Es ist eine allumfassende Bewegung und wir sind ein Teil der Formenvielfalt in allem.

Auf einmal bist Du riesig, Du bist alles, alles was atmet, alles was stirbt, alles was geboren wird. Und Du liebst es. Du bist die Liebe, die das alles ist. Je mehr persönliche und spirituelle Reife ein Mensch erlangt, desto stärker wird seine Wahrnehmung, sein Fühlen und handeln von Liebe durchdrungen. Und je mehr das geschieht, desto wahrhaftiger und wohlwollender handelt ein solcher Mensch in der Welt.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert